Befestigte Feldlager und Schanzen im großen Krieg von Jörg Wöllper

Der nachfolgend angeführte Text stammt vom Gastautor, Jörg Wöllper. Heimatforscher mit den Schwerpunkten: Dreißigjähriger Krieg in Südwestdeutschland, im Besonderen im Hegau, Festung Hohentwiel und Festungen allgemein. Gemeinsam mit Roland Kessinger verfasste Jörg Wöllper im Annex zum Hohentwielbuch im Jahr 2004 den Artikel:"Schanzen am Hohentwiel aus dem 30-jährigen Krieg"  in Hegau, Zeitschrift für Geschichte, Volkskunde und Naturgeschichte des Gebiets zwischen Rhein, Donau und Bodensee Jahrbuch 61, 2004 den Artikel, "Ansätze zur Baugeschichte der unteren Festung auf dem Hohentwiel".

Jörg Wöllper ist ebenfalls Gastautor bei Dr. Klaus Koniarek auf dessen Internetpräsenz: "Wer war Wer im 30-jährigen Krieg" und gestaltete hier die Biografie des Generalfeldzeugmeisters Georg Friedrich von Holtz und einen Artikel über Weinbau in Württemberg während des 30-jährigen Krieges.

An dieser Stelle möchte ich meinen besonderen Dank für die Bereitstellung des Textes und weiterer vielerlei interessanter Informationen, die ich von ihm erhalten habe, aussprechen.

Befestigte  Feldlager im Dreißigjährigen Krieg

Bedingt durch die Kriegführung in der frühen Neuzeit, in der es keine Frontlinien gab, war es von großer Wichtigkeit, dass man ein Feldlager sicherte, da man jederzeit mit  Überfällen rechnen mußte. Dabei gab es vielerlei Möglichkeiten um das Lager zu sichern, wobei hier alle Parteien im großen und ganzen die gleichen Mittel anwandten. Das fing mit der Wahl eines geeigneten Orts an und ging bis zum Anlegen von umfangreichen Befestigungen. Auch spielte die jeweilige Situation und die Stärke der Truppe eine große Rolle, was für Maßnahmen man ergriff.

In den weitaus meisten Fällen reichten hierfür relativ einfache Mittel. Im und um das Lager wurden Posten aufgestellt. Die Posten außerhalb des Lagers hatten dabei die Aufgabe, einen anrückenden Feind rechtzeitig zu erkennen und ihn möglichst lange aufzuhalten. Für solche Posten boten sich die Straßen zum Lager und auch Punkte auf Anhöhen an. Darüber hinaus wurde eine Abteilung Kavallerie im Lager in Bereitschaft gehalten, die im Fall eines Angriffs schnell eingreifen konnte. Die Posten im Lager hingegen sorgten für Ordnung und versahen den Wachdienst. Besondere Aufmerksamkeit wurde dabei der Artillerie und den Pulverwagen geschenkt. Sie standen entweder in der Mitte des Lagers oder an einer gut geschützten Stelle. Das gleiche galt für das Zelt des Oberbefehlshabers. Die Verantwortung hierfür hatte der Feldzeugmeister, der auch den Marsch selber organisierte. Er wählte schon vor Beginn des Marsches den Lagerplatz aus und bestimmte die Ordnung im Lager.

Eine weitere Möglichkeit der Sicherung war aus den Fuhrwerken eine Wagenburg zu bilden oder die Truppe in Schlachtordnung lagern zu lassen. In der Regel verfuhr man so, wenn man ein Lager nur für wenige Tage bezog und wenn man vom Feind nicht massiv bedroht wurde.

Eine weitere Variante war, dass man das Lager mit Befestigungen schützte. Dies geschah vor allem, wenn man einen Angriff befürchtete, dem Gegner unterlegen war oder bei Belagerungen.

Das Spektrum reichte hier von Verhauen, einzelnen Schanzen bis zu einer geschlossenen Befestigung des Lagers mit vorgeschobenen Schanzen. Natürlich wurde dabei die Umgebung mit einbezogen. Flüsse, Anhöhen, Einschnitte und Gräben verstärkten eine Befestigung erheblich und wurden natürlich bei der Auswahl des Lagerplatzes mit berücksichtigt. Des weiteren lehnte man sich auch an bestehende Befestigungen an. Gerade bei Städten profitierte man dabei auch von der bestehenden Infrastruktur wie Mühlen, Schmieden, Lagerhäusern usw.

Das schwedische Feldlager vor Werben an der Elbe im Jahr 1631
Das schwedische Feldlager vor Werben an der Elbe im Jahr 1631

Dabei entstanden teilweise umfangreiche Festungswerke. Als Höhepunkt darf dabei das Lager gelten, das Wallenstein 1632 bei Nürnberg errichten ließ.

Als Konsequenz daraus wurden an geeigneten Stellen immer wieder gelagert. Als Beispiele können hier das Plateau bei der Burg Staufen im Hegau dienen. Hier errichteten die Belagerer des Hohentwiel bei den 5 Belagerungen der Festung ihr Lager. Auch in der Nähe von Korb / Rems-Murr-Kreis schlug die Bayerische Armee in den 40er Jahren mehrmals ihr Lager auf.

Das Schwedische Feldlager auf dem Breitwang

Als die Schwedische Armee im August 1634 ihr Feldlager auf dem Breitwang bei Bopfingen aufschlug, hatte sie ganz bewußt diesen Platz ausgesucht. Zum einen wollte man Württemberg decken und zum anderen in unmittelbarer Nähe zum belagerten Nördlingen einen sicheren Posten. Und hierfür eignete sich der Breitwang in verschiedener Hinsicht hervorragend.

Die weite Ebene des Hochplateau bot der Armee einen bequemen Platz zum lagern. Zwei Wasserstellen stellten eine ausreichende Versorgung mit Wasser sicher. Die Wälder in unmittelbarer Nähe des Lagers lieferten genug Holz für die Hütten und für die Wachtfeuer.

Der größte Pluspunkt stellte aber die Lage dar. An drei Seiten (wenn man den Sandberg mit zu Lager zählt) von steilen Hängen umgeben, war der Breitwang sozusagen hier von Natur schon sturmfrei und daher mußte man hier wohl keine größeren Befestigungen anlegen um vor Angriffen der Kaiserlichen geschützt zu sein. Um so wichtiger war es hingegen das Lager nach Süden zu sichern. Oberhalb des Weilers Hohenberg zieht sich eine Höhe von Ost nach West die 25 Meter höher als der Breitwang ist. Würde der Feind diese Höhe besetzen, könnte er von hier das Lager beschießen. Das Gelände im Vorfeld eignet sich hervorragend für einen massiven Angriff. Sozusagen ist diese Höhe das Gegenstück zum Albuch, der das Kaiserliche Lager bei Nördlingen beherrschte. In den Beschreibungen ist deshalb davon die Rede, dass bei Hohenberg Schanzen angelegt worden sind. Diese dürften auf dem Höhenzug gelegen sein, der gleichzeitig hier die schmalste Stelle der Hochebene ist.

Bedingt durch die Lage, hatte man darüber hinaus vom Breitwang eine hervorragende Sicht auf Nördlingen und das Ries. Hier stand man sozusagen Auge in Auge mit dem Feind, dessen Lager man von hier aus sah. Und vom benachbarten Sandberg aus, hatte man eine hervorragende Rundumsicht auf die ganze Region. Von hier aus konnte man die Bewegungen der Kaiserlichen gut beobachten und stand darüber hinaus in Sichtkontakt mit der belagerten Stadt.

Ein weiterer Pluspunkt war die Stadtbefestigung von Bopfingen. Die Stadt deckte das Lager von Norden her und blockierte die Straße nach Württemberg. Darüber hinaus konnten die Schweden auf die Infrastruktur der Stadt zugreifen.

Sicherlich spielte auch der Umstand, dass Bopfingen am Schnittpunkt zweier überregionaler Straßen lag eine erhebliche Rolle, dass hier das Lager bezogen wurde. Auf der Straße vom Remstal her, die von Frankreich ins Altmühltal führte, kam der Nachschub aus Württemberg und auch die Verstärkungen aus ganz Süddeutschland. Dagegen konnte man auf der Straße, die über Würzburg, Dinkelsbühl und Ulm bis nach Oberitalien führte, schnell an die Donau oder nach Franken gelangen. Daher konnten die Schweden schnell auf jede Bewegung der Kaiserlichen reagieren.

Der Breitwang heute

Leider gibt es vom Lager der Schwedischen Armee auf dem Breitwang keine Ansicht oder Plan. Einzig die Beschreibung  von Johann Daniel Haak vermittelt einen Eindruck über das Lager. Auch die Tatsache, dass auf dem Breitwang intensiv Landwirtschaft betrieben wurde,  hat wohl die meisten Spuren des Lagers sowie seiner Befestigung verwischt. Zwei ehemalige Mülldeponien, der Flugplatz, die Rennstrecke und vor allem der Steinbruch am Sandberg haben darüber hinaus das Gelände teilweise erheblich verändert.

Dennoch kam man zumindest anhand der Beschreibung und einige Spuren Teile, des Lagers zumindest rekonstruieren.

Exkurs Schanzen

Die sogenannten Schanzen, die während dem 30.jährigen Krieg, von allen Parteien in großer Zahl und für vielerlei Aufgaben gebaut worden sind, waren eine Kombination von Erd- Befestigungen, die schon die Kelten anlegten, und dem Bastionärsystem, das sich ab Ende des 15. Jahrhunderts im Mittelmeerraum entwickelt hatte.

Wesentliche Elemente waren dabei der Graben und Erdwall. Dabei schüttete mit den Aushub des Grabens zu einen Erdwall auf, hinter dem man seine Mannschaft gedeckt aufstellen konnte. Neben dem Aushub war Holz der zweite Baustoff. Zum einen schüttete man die Brustwehr an eine Konstruktion aus Palisaden, die senkrecht in die Erde geschlagen wurden und mit einem Flechtwerk aus Zweigen verbunden waren. Zum anderen waren Palisaden, Sturmpfähle, angespitzte Stöcke und Verhaue weitere Hindernisse für einen Angreifer. Auch Schießscharten für Kanonen, Tore und Brücken wurden aus Holtz gebaut.

Querschnitte - Feldbefestigungen.
Querschnitte - Feldbefestigungen

Ab 16.Jahrhundert bereicherte dann das Bastionärsystem den Bau von Schanzen. Zum einen legte man hier viel Wert darauf, dass der Graben flankierend beschossen werden konnte und es nirgends tote Winkel gab. Das heißt, dass gerade Fronten mit ausspringenden Elementen zur Flankierung gebaut wurden, oder die Schanzen von benachbarten Werken gedeckt wurden. Zum anderen richtete man die Schanzen für den Feuerkampf mit dem Feind ein, indem man genügend Platz für die Aufstellung von Musketieren und Artillerie geschaffte. Die Rolle des Vorreiters nahm hierbei der Krieg zwischen den Niederlanden und Spanien ein. Hier brauchten die Niederlände schnell viele starke Befestigungen um dem überlegenen Feldheer der Spaniern gewachsen zu sein. Sozusagen aus der Not geboren, bis dahin waren die Befestigungen der Städte aus Stein oder Ziegeln gebaut worden, wurde das sogenannte Alt-Niederländische System zur vorherrschenden Art von Befestigungen in diesem und auch im Dreißigjährigen Krieg. Man entwickelte dabei verschiedene Grundrisse für viele Einsatzzwecke, wobei es kaum Unterschiede zwischen Festungen bzw. Stadtbefestigungen und Feldbefestigungen gab. Wie wirkungsvoll diese Art von Befestigungen war, zeigt sich unter anderem auch daran, dass die Forts des Deutschen Kaiserreiches bis 1888  noch nach den gleichen Grundlagen gebaut worden. Für Feldschanzen bürgerten sich dabei 2 Bezeichnungen ein. Ein Redoute hatte nur ausspringende Winkel, was bedeutete, dass die Gräben nicht flankiert wurden. Dagegen hatte eine Sternschanze aus- und einspringende Winkel und somit konnte zumindest ein Teil der Gräben flankiert werden.

Verschiedene Schanzanlagen.
Links oben eine Redoute, rechts zu sehen eine Sternförmige Schanzanlage

Was waren jetzt die großen Vorteile dieser Befestigung neben den oben aufgeführten Punkten?  Natürlich war der Bau von Schanzen erheblich günstiger, als wenn man sie in Mauerwerk aufgeführt hätte. Ein weiterer Pluspunkt war, dass die Erdwälle  sozusagen Kugeln schluckten und einschlagende Geschosse keine Splitter produzierten. Auch konnte man im Gegensatz zu Mauern die Wälle nicht einschießen. Deswegen rutschte auch kein Schutt in den Graben, der zu einer Rampe für den Angreifer wird. Statt dessen mußte ein Angreifer den Erdwall Stück für Stück von oben herab weg schießen.

Ansicht der Erstürmung von Fredericia / Dänemark, aus dem Theatrum Europaeum, im Jahr 1657
Ansicht der Erstürmung von Fredericia / Dänemark, aus dem Theatrum Europaeum, im Jahr 1657
Die Schanzanlagen sind im Querschnit dargestellt

Weiter brauchte man für den Bau der Schanzen nur wenige Fachkräfte. Die Schanzen wurden von Offizieren abgesteckt  und zu den Erdarbeiten konnte man die Bevölkerung oder den Troß in großer Zahl heranziehen. Dazu führte das Heer dann auch Schaufeln, Hacken und Schubkarren mit. Darüber hinaus war das Baumaterial schon weitgehend vor Ort und so entfielen, im Gegensatz zum Mauerwerksbau aufwendige Transporte. So konnte man innerhalb kurzer Zeit umfangreiche Befestigungen bauen.

Nachteil war hingegen dass die Böschungen des Grabens und des Walls meist ohne Leitern erstiegen werden konnten. Auch waren die Schanzen bei weitem nicht so widerstandsfähig gegen die Witterung wie Mauerwerk. Die Erbauten zerfallen relativ schnell und auch das Holz verfault.

Bis in unsere Zeit haben sich deswegen meist nur wenige Reste von Feldschanzen erhalten. Oft wurden sie kurz nach den Kampfhandlungen geschliffen oder wurden sie durch die Landwirtschaft zerstört.  Manchmal ist dagegen der Flurname "Schanz" ein Hinweis darauf, dass dort einmal eine Schanze gelegen hatte. Dagegen verstecken sich in Wäldern teilweise sehr gut erhaltene Exemplare die aber meist, im Gegensatz zu Wehrbauten aus Mauerwerk, heute kaum beachtet werden. Hier ist dann vor allem der Schwarzwald zu nennen, der ein wahres Eldorado in Sachen Schanzen ist. Hier wurden im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche Schanzen gebaut.

In der Umgebung von Nördlingen hat sich neben den bekannten Schanzen auf den Schlachtfeldern noch eine weitere Schanze erhalten. Diese liegt bei der Unteren Röhrbachmühle. Aus welcher Zeit sie genau stammt ist leider nicht bekannt.

Literaturliste und Quellen zum Text:

  • Allmayer-Beck und Lessing: Die Kaiserlichen Kriegsvölker
  • Beyerle, Konrad: Konstanz im Dreißigjährigen Krieg . 1900
  • Bopfingen Stadt Hrsg. Bopfingen  Landschaft – Geschichte  - Kultur
  • Enßlin, Helmut: Bopfingen  Freie Reichsstadt – Mittelpunkt des württembergischen Rieses
  • Heilmann, Johann: Das Kriegswesen der Kaiserlichen und Schweden zur Zeit des dreißigjährigen Krieges. Nachdruck der Ausgabe von 1850
  • Hogenberg, Franz und Hogenberg, Abraham: Geschichtsblätter. 1983
  • Kessinger, Roland und Peter, Klaus Michael: Hohentwielbuch. 2004
  • Neumann, Hartwig: Festungsbaukunst und Festungsbautechnik
  • Mahr, Helmut: Wallenstein vor Nürnberg 1632
  • Schleicher, R. Beitrag zur Geschichte der Stadt Villingen mit besonderer Beziehung auf die Wasserbelagerung im Jahr 1634. 1854
  • Reinharz, Manfred: Villingen- Schwennigen und Umgebung in alten Karten und  Plänen Band 1. 1996
  • Revellio, Paul: Beiträge zur Geschichte der Stadt Villingen. 1964
  • Franziskanermuseum Villingen: Belagerungsbilder Winterbelagerung 1633 , Sommerbelagerung 1633 und Wasserbelagerung
  • Wolf, Peter ; Henker Michael ; Brockhoff, Evamaria ; Steinherr, Barbara ; Lippold, Stephan: Der Winterkönig
  • Wagner, Eduard: Tracht, Wehr und Waffen im Dreißigjährigen Krieg. 1980
  • Zastrow, Alexander von: Geschichte der beständigen Befestigung. Nachdruck 3. Auflage 1853


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